Johanniskraut-Extrakt: In therapeutischen Dosen nur geringfügige Erhöhung der Lichtempfindlichkeit

Zu den Inhaltsstoffen von Johanniskraut gehören auch die Naphtho-dianthronderivate Hypericin und Pseudohypericin, von denen aus Beobachtungen an Zellkulturen und aus Tierexperimenten bekannt ist, dass sie phototoxisch wirken können. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. I. Roots vom Institut für Pharmakologie des Universitätsklinikums Charité Berlin wollte in einer kontrollierten Cross-over-Studie prüfen, inwieweit unter den in der Depressionsbehandlung üblichen Hypericum-Dosierungen phototoxische Effekte beim Menschen zu erwarten sind.

Patienten und Methodik


Im Einzeldosisversuch, an dem 13 gesunde Probanden im Alter von 21 bis 35 Jahren teilnahmen, erhielt jeder Proband, entsprechend dem doppelblinden placebokontrollierten cross-over-Design, im Abstand von mindestens 14 Tagen vier Einzeldosen von entweder 12 Placebos oder abgestuft 3 Tabletten LI 160 (900 mg Hypericumextrakt) + 9 Placebos,
6 Tabletten LI 160 (1800 mg Hypericumextrakt) + 6 Placebos oder
12 Tabletten LI 160 (3600 mg Hypericumextrakt).
Eine Tablette mit 300 mg Hypericumextrakt beinhaltete 363 µg Hypericin und 574µg Pseudohypericin.

Vier Stunden nach der Medikation wurden definierte Hautareale mit unterschiedlichen Dosen einer Sonnenlicht-ähnlichen Strahlung (SSI) sowie selektiv mit UV-A-Licht bestrahlt und die Hautbezirke nach Ablauf von 5, 20 und 68 Stunden untersucht.

Die Hypericin- bzw. Pseudohypericin-Konzentrationen wurden anhand von Blutanalysen bestimmt.

Die Analyse unter Dauerdosierung erfolgte an einem Kollektiv von insgesamt 50 Probanden, die für einen Zeitraum von zwei Wochen dreimal täglich 2 Tabletten LI 160 (entsprechend 2180 µg Hypericin und 3440 µg Pseudohypericin pro Tag) einnahmen. Vor der ersten Dosisapplikation, sowie am 1. und 15. Tag wurden jeweils 4 Stunden nach der morgendlichen Einnahme der Prüfsubstanz ausgewiesene Hautareale bestrahlt. Die reinen UV-A-Dosen lagen zwischen 5,4 und 19 J/cm2, die Bestrahlung dauerte maximal 15 Minuten. Das SSI-Licht wurde in Dosen zwischen 0,07 und 0,5 J/cm2 für einen Zeitraum von 374 Sekunden appliziert. Die Reaktion wurde 5 und 20 Stunden sowie 7 Tage nach der Bestrahlung abgelesen und als sogenannte minimale Erythemdosis (MED) bzw. minimale Bräunungsdosis (MTD) erfasst.

Auch in dieser Gruppe wurden auch die Hypericin- bzw. Pseudohypericin-Konzentrationen anhand von Blutanalysen bestimmt.

Ergebnisse

Im Einzeldosisversuch stiegen bei den angewandten Extrakt-Dosierungen die maximalen Blutspiegel an Gesamthypericin (Summe aus Hypericin und Pseudohypericin) von 28 µg, 61 µg und 159 µg, wobei sowohl Hypericin als auch Pseudohypericin eine lineare Pharmakokinetik aufwiesen.

Nach Bestrahlung mit SSI fand sich keine gesteigerte Erythembildung. Die MED betrug bei der Ablesung nach 20 Stunden unter der höchsten Hypericum-Dosierung lediglich 0,16 J/cm2 und entsprach damit dem unter Placebo erzielten Wert.

Auch nach Bestrahlung mit UV-A-Licht war kein signifikanter Unterschied zwischen den vier Dosierungsgruppen feststellbar. Lediglich ein Vergleich zwischen der höchsten Johanniskraut-Dosierung und Placebo ergab eine messbare Differenz der MTD. Unter Verum betrug sie 8,7 J/cm2 gegenüber 10.8 J/cm2 unter Placebo.

Im Dauermedikationsversuch stieg die Lichtempfindlichkeit nach gegen SSI kontinuierlicher Hypericum-Medikation leicht an, was sich im Absinken der MED von 0,17 J/cm2 vor der Behandlung auf 0,16 J/cm2 am 15. Tag ausdrückte.

20 Stunden nach der Bestrahlung stieg allerdings die Lichtempfindlichkeit bei insgesamt 26 der 50 Probanden an. Mit p<0,01 ist dieser Anstieg statistisch signifikant.

Auch die Empfindlichkeit gegenüber selektiver UV-A-Bestrahlung erhöhte sich geringgradig, auch dieser Anstieg war aber statistisch signifikant (p<0,01).

Es ergaben sich dagegen keinerlei signifikante Korrelationen zwischen den Gesamthypericin-Konzentrationen im Plasma zur Zeit der UV-Bestrahlung und den nach 20 Stunden abgelesenen Hautreaktionen.

Fazit: Obwohl die in dieser Studie eingesetzten Johanniskrautdosen deutlich höher lagen als die üblicherweise therapeutisch angewandten, erhöhte sich die Lichtempfindlichkeit der Haut nur marginal. Allerdings lassen die vorliegenden Daten keine Extrapolation auf Tagesdosen über 1125 µg Gesamthypericin oder auf chemisch reines Hypericin zu.

(Quelle: J. Brockmöller, T. Reum, S. Bauer. R. Kerb, W.-D. Hübner, I. Roots: Untersuchungen zur Pharmakokinetik und Phototoxizität eines Hypericumextrakt-Präparates beim Menschen. Psychopharmakotherapie Supplement Nr. 8, 1998)

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