Acetylsalicylsäure (ASS) bewirkt neben einem analgetischen Effekt auch eine deutliche Hemmung der Thrombozytenaggregation. Mit dem Ziel zu überprüfen, inwieweit auch für Weidenrindenextrakt ein Einfluss auf die Plättchenaggregation besteht, führte die Arbeitsgruppe um Norberto Krivoy von der Abteilung für klinische Pharmakologie der Universität Haifa, Israel, eine kontrollierte dreiarmige Vergleichsstudie durch.
Patienten und Methodik
Die Untersuchung war als kontrollierte dreiarmige Vergleichsstudie konzipiert, an der insgesamt 51 Patienten teilgenommen haben. Sie wurden drei Behandlungsgruppen zugeteilt:
- 19 Patienten (Durchschnittsalter 58,5 Jahre), die an chronischen Rückenschmerzen litten, erhielten eine auf 0,153 mg Salicin pro mg Extrakt standardisierte Weidenrindenzubereitung. Jede Tablette enthielt 393,24 mg Extrakt, entsprechend 60 mg Salicin. Die Tagesdosis betrug 240 mg Salicin.
- 16 Patienten im durchschnittlichen Alter von 57,8 Jahren, die gleichfalls über chronische Rückenschmerzen klagten, bekamen entsprechend eine Placebo-Medikation,
- Weitere 16 Patienten (mittleres Alter 73,1 Jahre) mit stabiler ischämischer Herzkrankheit wurden mit Acetylsalicylsäure in einer täglichen Dosierung von 100 mg behandelt.
Eine Zusatzmedikation mit anderen nichtsteroidalen antiinflammatorischen Medikamenten war mit Ausnahme von Tramadol während der Studienperiode nicht gestattet.
Nach einer 28tägigen Medikationsphase wurde den Studienteilnehmern peripheres Venenblut entnommen und die Plättchenaggregation mit Hilfe eines Aggregometers (beschrieben von Born 1962 und Aviram 1989) untersucht, wobei Arachidonsäure-Natriumsalz, ADP und Kollagen als aggregatorische Substanzen verwendet wurden.
Bewertet wurde das Ausmaß der Thrombozytenaggregation anhand der Berechnung der prozentualen Kurvenamplitude, während der Kurvenverlauf die Aggregations-Geschwindigkeit repräsentierte.
Ergebnisse
Die Gabe von Acetylsalicylsäure bewirkte im Vergleich zu den beiden anderen Medikationen einen deutlichen inhibitorischen Effekt auf die Thrombozytenaggregation. Während für Acetylsalicylsäure der Mittelwert der maximalen mit Arachidonsäure induzierten Plättchenaggregation.
12,7 Prozent betrug, ergab sich in der Placebogruppe ein Wert von 78,0 Prozent und unter Medikation mit dem Weidenrindenextrakt ein Wert von 61,0 Prozent.
Der Unterschied zwischen Acetylsalicylsäure gegenüber Placebo war mit p = 0,00035 hoch signifikant. Auch zwischen Acetylsalicylsäure und Weidenrindenextrakt ergab sich mit p = 0.0004 eine signifikante Differenz im Hinblick auf die thrombozytenaggregatorische Wirkung.
Der Unterschied zwischen Weidenrindenextrakt und Placebo war hingegen mit p = 0,04 weniger ausgeprägt. Die ADP- und Kollagen-induzierte Thrombozytenaggregation wurde durch die Einnahme des Phytopharmakons nicht beeinflusst.
Acetylsalicylsäure verzögerte auch die Geschwindigkeit der Plättchenaggregation deutlich. Unter anderem wurde im Vergleich zu den beiden anderen Medikationen durch die Einnahme von ASS der zeitliche Mittelwert bis zum Erreichen einer maximalen Aggregationsantwort signifikant prolongiert.
Fazit: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Weidenrindenextrakt zwar die Plättchenaggregation beeinflusst, der Effekt jedoch im Vergleich zu 100 mg/die Acetylsalicylsäure deutlich geringer ist. Da bei ASS die bei der Metabolisierung freiwerdende Acetylgruppe als wesentlich für die Thrombozytenfunktionshemmung gilt, ist das Ergebnis nicht wirklich überraschend. Da jedoch unter Weidenrindenextrakt ebenfalls Wirkungen auf die Plättchenaggregation festgestellt wurden, sollten weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Nicht wegen möglicher Sicherheitsaspekte - dazu erscheint der Effekt zu gering - sondern um die Frage der Mechanismen zu klären.
Da die Blutgerinnung ein komplexer, aus vielen Einzelschritten bestehender Prozess ist, bedürfen diese Daten – will man aus ihnen klinisch relevante Schlüsse ziehen – einer weiteren Überprüfung.
(Quelle: N. Krivoy, E. Pavlotzky, S. Chrubasik, E. Eisenberg, G. Brooks: Effect of Salicis Cortex extract on human platelet aggregation. Plantamed 67: 209-213, 2001)