Um mögliche tödliche Folgen von pandemischen Influenza-Viren wie „Vogelgrippe“ oder „Schweinegrippe“ abzuwehren, haben viele Regierungen große Mengen der Grippemittel Oseltamivir und Zanamivir eingelagert. Es mehren sich jedoch Hinweise darauf, dass die teure Investition voreilig war. Wissenschaftler der „Cochrane Collaboration“ zogen kürzlich die behauptete Wirksamkeit dieser Arzneimittel, der so genannten Neuraminidase-Hemmer, ernsthaft in Zweifel. Außerdem hat sich bereits früher gezeigt, dass Grippe-Viren gegen die synthetischen Medikamente schnell Resistenzen entwickeln können.
Bei Extrakten aus Meerrettichwurzel und Kapuzinerkressekraut, deren antivirale Eigenschaften kürzlich auch gegen den Schweinegrippe-Virus belegt werden konnten, sind solche Probleme nicht zu befürchten. Eine Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Stephan Pleschka, Giessen, hat an menschlichen Lungenzellen die Wirkung von drei aus Meerrettichwurzel und Kapuzinerkressekraut gewonnenen Senfölen auf das neue Influenza-Virus H1N1 untersucht. Das Ergebnis war überraschend eindeutig: Jedes der drei untersuchten Senföle war im Laborversuch in der Lage, die Vermehrung der gefährlichen Grippeviren um rund 90 Prozent zu reduzieren.
Nachdem in früheren Untersuchungen am Universitätsklinikum Freiburg die antibakterielle Aktivität der Senföle gegenüber multiresistenten Stämmen von Staphylokokken nachgewiesen werden konnte, öffnet sich mit den aktuellen Forschungsergebnissen für diese Substanzen ein neues Anwendungsfeld. Prof. Pleschka kündigte daher weitere Studien an, mit denen die Wirkungsweise der Senföle genauer entschlüsselt werden soll, um deren Effektivität gegen Grippeviren weiter zu untermauern. Klinische Studien sollen folgen.
KFN 04/2011