Jeder zweite Deutsche über 50 hat Prostataprobleme. Die Betroffenen müssen dann sehr oft – auch nachts – zur Toilette, haben aber trotz eines erhöhten Drangs oft Schwierigkeiten Wasser zu lassen. Zur Linderung der Beschwerden steht derzeit eine Reihe sowohl chemisch-synthetischer als auch pflanzlicher Arzneimittel zur Verfügung. Während die chemischen Präparate Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen oder gar Impotenz hervorrufen können, sind die pflanzlichen Arzneimittel auch langfristig sehr gut verträglich. In der aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie heißt es zu pflanzlichen Prostata-Medikamenten: „Die einzelnen Hersteller verwenden unterschiedliche Extraktionsverfahren. Dieses bedeutet, dass die Produkte der verschiedenen Hersteller in ihrer Zusammensetzung variieren können, auch wenn sie aus derselben Pflanze gewonnen werden. Hieraus ergibt sich, dass Ergebnisse aus Grundlagenforschung und klinischen Studien eines spezifischen Präparats grundsätzlich nicht auf ein Präparat eines anderen Herstellers übertragen werden können.“ Leider geschieht das offenbar trotzdem.
Kürzlich wurde in der angesehenen Fachzeitschrift JAMA (Bd. 306, S.1344, 2011) eine Studie publiziert, in der Forscher vom Massachusetts General Hospital in Boston 357 Männer, die unter nicht näher diagnostizierten Beschwerden beim Wasserlassen litten, 18 Monate lang mit einem in Deutschland wenig gebräuchlichen Monopräparat aus Sägepalmenfrüchten behandelten. Dabei wirkte das pflanzliche Präparat nicht besser als ein der Vergleichsgruppe verabreichtes Placebo.
Insgesamt also keine aufregende Sache in der medizinischen Wissenschaft. Denn Studien, in denen ein Nachweis der Wirksamkeit nicht gelingt, gibt es für fast jedes Präparat. Ärgerlich wird der Vorgang erst dann, wenn aus den Daten dieses Präparates auf alle Sägepalmen-Extrakte geschlossen und deren Wirksamkeit bestritten wird. Denn die Wirksamkeit vor allem einer Kombination aus Sägepalmenfrüchten- und Brennnesselblätter-Extrakt ist in mehreren klinischen Studien belegt. In der Nacht sind eben nicht alle Katzen grau – auch wenn sich das mancher wünschen würde!
KFN 12/2011